BGH zur Werbung mit der Marke eines bekannten Automobilherstellers

Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat hat am 14. April 2011 entschieden, dass ein Automobilhersteller es einer markenunabhängigen Reparaturwerkstatt aufgrund seines Markenrechts untersagen kann, mit der Bildmarke des Herstellers für die angebotenen Reparatur- und Wartungsarbeiten zu werben.
Quelle: Pressemitteilung des BGH

Seinerzeit hatte der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung BMW./. Deenik (C-63/97) die Hinweismöglichkeiten für Nichtvertragswerkstätten liberalisiert und den Nichtvertragswerkstätten die Möglichkeit gegeben, bei der Außenwerbung auf Marken hinzuweisen, die dort repariert und verkauft werden.

Dem hat der BGH in seiner neuesten Entscheidung (AZ: I ZR 33/10 – Urteil vom 14. April 2011) scheinbar einen erheblichen Riegel vorgesetzt.

Die bekannte Nichtvertragswerkstattkette A.T.U. hatte das VW-Symbol in der Werbung dazu genutzt, darauf hinzuweisen, dass man auch diese Marke repariere. Hierin sieht der BGH nunmehr eine Verletzung der eingetragenen Wort-/Bild-Marke der Volkswagen AG. Zwar könne ein Markeninhaber grundsätzlich einem Dritten die Verwendung der Marke als notwendigen Hinweis auf den Gegenstand von dessen Dienstleistungen nicht verbieten.

Dies gelte aber nur, solange diese Benutzung „nicht gegen die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel verstößt“ (so damals der EuGH). Im konkreten Fall könne die Firma A.T.U. zwar zur Beschreibung ihrer Dienstleistungen ohne weiteres auf die Wortzeichen „VW“ oder „Volkswagen“ zurückgreifen, sei aber gerade nicht auf die Verwendung des VW-Wort-/Bildzeichens angewiesen.

Die exakten Urteilsgründe liegen noch nicht vor, aber scheinbar möchte der BGH durch die nunmehr erfolgte Auslegung der „anständigen Gepflogenheiten“ verhindern, dass Dritte bekannte, fremde Wort-/Bildmarken bzw. Bildmarken als Hinweis auf ihre Dienstleistungen plakativ benutzen können und so einen Imagetransfer produzieren. In der Tat reicht es aus informativen Gründen aus, Wortmarken zu nennen. Man stelle sich vor, dass Urteil wäre anders herum ausgegangen.

Die Verbraucher hätten sich dann wohl darauf einstellen müssen, dass A.T.U. eine bunte Mischung aller Autoembleme in der Außenwerbung installiert hätte. Ob es dadurch zu Zuordnungsverwirrungen mit Vertragswerkstätten gekommen wäre, mag dahinstehen.

Für die freien Werkstätten, die sich aber auf eine bestimmte Automarke spezialisiert haben und dies im Vertrauen auf die EuGH-Rechtsprechung mit einer Werbung über die Wort-/Bildmarke oder Bildmarke dieser Automarke den Kunden signalisiert haben, dürfte dieses BGH-Urteil ein Schlag ins Gesicht sein.

Das BGH-Urteil ist also mal wieder ein klarer Protektionismus zugunsten der Automobilkonzerne. Die Vertragswerkstätten dürfte es freuen.

HABM: Jahresbericht 2010


Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt hat seinen Jahresbericht für 2010 veröffentlicht.

Das Amt veröffentlicht Statistiken zu den verschiedenen Schutzrechten und informiert unter anderem über amtsinterne Prozesse, den Kontakt zu den Nutzern sowie Strategien und Zukunftsprojekte.

Der diesjährige Bericht steht im Zeichen der Zusammenarbeit zwischen dem HABM und allen Interessenvertretern, mit dem Ziel die Funktionstätigkeit des IP-Systems zu verbessern. Insbesondere wird aufgezeigt, welcher Fortschritt bei der Partnerschaft mit diesen Interessenvertretern beim Kooperationsfonds verzeichnet wurde, der dazu dient, gemeinsame Tools und Normen für die Zukunft des geistigen Eigentums für das nächste Jahrzehnt festzulegen.
Quelle: HABM

Geschmacksmuster und Blogs als Beweismittel

Ein Geschmacksmuster schützt die ästhetische Gestaltung eines Produkts.

Die Voraussetzungen für die Rechtswirksamkeit eines Geschmacksmusters sind im Wesentlichen die Neuheit und die Eigenart.

Neu im Sinne des Gesetzes ist ein Muster, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Muster offenbart worden ist.

Beim Geschmacksmuster handelt es sich um ein sogenanntes ungeprüftes Recht. Neuheit und Eigenart werden im Eintragungsverfahren nicht geprüft. Sofern die Geschmacksmusteranmeldung die formellen Erfordernisse erfüllt, wird das Geschmacksmuster eingetragen, auch wenn es nicht neu ist.

Ein eingetragenes Geschmacksmuster, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht neu war, kann auf Antrag von jedermann für nichtig erklärt werden. Über einen solchen Fall hatte das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt bezüglich eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters zu entscheiden.

Der Antragsteller verwies dabei auf einen Blogeintrag, aus dem hervorginge, dass das am 08.02.2010 angemeldete Geschmacksmuster nicht neu sei. In dem Blogeintrag ist ein identisches Muster zu sehen; der Eintrag ist auf den 01.02.2009 datiert.

Das HABM hat dies als Beweismittel genügen lassen und sich in der Begründung intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt:

Information disclosed on the internet or in online databases is considered to be publicly available as of the date the information was publicly posted.

The nature of the internet can make it difficult to establish the actual date on which information was made available to the public: for instance, not all web pages mention when they were published. Also, websites are easily updated, yet most do not provide any archive of previously displayed material, nor do they display records which enable members of the public – including examiners – to establish precisely what was published and when.

It is theoretically possible to manipulate the date and content of an internet disclosure (as it is with traditional documents). However, in view of the sheer size and redundancy of the content available on the internet, it is considered very unlikely that an internet disclosure has been manipulated. Consequently, unless there are specific indications to the contrary, the date can be accepted as being correct.

In the present case, the publication appeared on a blog with an exact indication of the date, even the time when it was put on the blog. It lies in the nature of a blog that it is addressed to the public and that the contributions published on a blog are dated exactly. Consequently, there is no doubt that the prior designs shown were made available to the public prior at the date indicated in the blog which is a date more than 12 months prior to the date of filing of the RCD.

Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster wurde folglich für nichtig erklärt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung kann der Anmelder binnen 2 Monaten Beschwerde einlegen.

Die Entscheidung im Volltext.