Viele Klein- und Nebenerwerbshändler haben davon gehört, leider nur wenige haben es verstanden.
Zum Beispiel die Produkte des US-Modelabels Abercrombie & Fitch standen in den letzten Monaten im Fokus einer Abmahnwelle. Die Bekleidungsstücke waren nicht für den Vertrieb innerhalb der Europäischen Gemeinschaft bestimmt und Abercrombie & Fitch setzte den markenrechtlichen Vertriebsschutz insbesondere gegen ebay-Verkäufer durch. Selbst als ein offizieller Abercrombie & Fitch Store in London eröffnet wurde, setzte sich die Abmahnwelle fort.
Die Tatsache, dass die Textilien vom Hersteller selbst auf dem Europäischen Markt angeboten wurden, war nämlich noch kein Freibrief für Wiederverkäufer, die die Ware zuvor aus den USA in die EU importiert hatten, da Abercrombie & Fitch in Europa speziell für diesen Wirtschaftsraum gelabelte Qualitätsware vertreibt. Viele andere Modelabels wie z.b. Etienne Aigner machen es ähnlich. Häufig werden in bestimmte Länder spezielle Verkaufslizenzen vergeben, die zum Schutz anderer Lizenznehmer ein Export- und Wiederverkaufsverbot in andere Länder enthalten.
Der Gesetzgeber verschafft dem Markeninhaber nämlich weitgehende Rechte, u.a. dem Schutz vor Reimporten bzw. Importen von Waren zum Wiederverkauf auf einen nicht von ihm gewollten Zielmarkt. Hierbei dreht sich die zentrale Frage um den sogenannten Erschöpfungsgrundsatz.
Schutz durch das Markenrecht und der Erschöpfungsgrundsatz
Das Markenrecht gewährt dem Inhaber das ausschließliche Recht, Waren mit der jeweiligen Marke zu versehen und die so gekennzeichnete Ware in den Verkehr zu bringen. Der Inhaber der Marke erlangt durch das ausschließliche Recht, die Marke beim ersten Inverkehrbringen einer Ware zu benutzen, Schutz vor Konkurrenten. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass der Markeninhaber in die Lage versetzt wird, die nationalen Märkte abzuschotten und dadurch die Beibehaltung eventueller Preisunterschiede zwischen den Mitgliedsstatten zu fördern. Aus diesem Grund gilt im Markenrecht der Erschöpfungsgrundsatz. Er ist in § 24 MarkenG (deutsches Recht) geregelt und beruht auf dem Gedanken, dass der Schutzrechtsinhaber, sobald die mit dem geschützten Markenzeichen gekennzeichneten Waren von ihm oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sind, durch eigene Benutzungshandlungen das ihm eingeräumte ausschließliche Verwertungsrecht ausgenutzt und damit verbraucht hat, so dass bestimmte weitere Verwertungshandlungen nicht mehr in den Schutzbereich des Schutzrechtes fallen.
Für Geschäfte innerhalb der Europäischen Union gilt bezüglich der o.g. Aussagen Art. 7 der Markenrechts Richtlinie 89/ 104/ EWG, die den Erschöpfungsgrundsatz statuiert.
Danach ist eine Geltendmachung der Markenbenutzungsverbotsrechte dann ausgeschlossen, wenn die Waren unter der Marke mit Zustimmung des Markeninhabers entweder im Inland, in der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in den Verkehr gebracht worden sind. Dies gilt jedoch nur, insoweit die markierte Ware innerhalb des Gebietes der EU reimportiert wird. Wird die Ware in einen Staat außerhalb der EU erstmals in den Verkehr gebracht, ist damit keine Erschöpfung verbunden.
Der Europäische Gerichtshof hat in seiner ”Silhouette”-Entscheidung (EuGH, GRUR Int. 1998, 6 Silhouette) festgestellt, dass etwaige nationale Rechtsvorschriften, die eine weltweite Erschöpfung des Markenrechts, entgegen Art. 7 der Markenrechts Richtlinie 89/ 104/ EWG vorsehen, die von dem Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung unter dieser Marke außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes in den Verkehr gebracht worden sind, nicht mit europäischem Recht vereinbar sind. Eine weltweite Erschöpfung ist somit ausgeschlossen.
Dadurch dass ein europäischer Markeninhaber Ware in die USA, also einem Gebiet außerhalb der EU bzw. EWR, exportiert hat, ist keine Erschöpfung seines Markenrechts in der EU eingetreten. Der Markeninhaber ist nach wie vor allein berechtigt, die gekennzeichnete Ware ins Ausland auszuführen oder anders herum in den europäischen Wirtschaftsraum einzuführen und Dritten diese Praxis zu untersagen. In Art. 5 der Markenrechts Richtlinie 89/104 EWG ist das Recht des Markeninhabers geregelt, es Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr Waren unter dem geschützten Zeichen einzuführen oder auszuführen.
Keine Erschöpfung des Markenrechts bei Inverkehrbringen außerhalb der Europäischen Union
Das Markenrecht an Bezeichnungen von Waren, die innerhalb der Europäischen Union hergestellt worden sind und für die ein europäisches Markenrecht existiert wird nicht dadurch erschöpft, dass die markierte Ware erstmals außerhalb des Europäischen Wirtschaftraumes in den Verkehr gebracht worden ist (EUGH, Urteil vom 20.11.2001, C 414/99 ff.).
Demzufolge verletzt der Verkauf von innerhalb der EU produzierten und aus einem Nicht-EU-Staat reimportierten Markenprodukten Markenrechte des europäischen Markenrechtsinhabers. Der Inhaber des Markenrechts ist daher über sein Markenrecht berechtigt, den Reimport zu verbieten. In der Praxis droht daher neben einer berechtigten kostenpflichtigen Abmahnung zudem die Sicherstellung und Vernichtung der verbotswidrig reimportierten Waren durch den Zoll. Selbiges gilt natürlich für nicht genehmigte Importe eines ausländischen Herstellers in den europäischen Wirtschaftsraum.
Fazit
Der Import und Export zu Wiederverkaufszwecken gerade von bekannten Markenwaren sollte immer durch zuvor durchgeführte Recherchen flankiert werden. Viele Hersteller bieten in bestimmten Wirtschaftsräumen unter dem selben Markennamen Ware mit unterschiedlicher Qualität an. Gerade Europa ist dabei eine Hochpreisregion mit qualitativ besonders hochwertigen Waren. Die Hersteller und Markeninhaber versuchen natürlich eine Unterwanderung eines Hochpreismarktes mit minderwertigeren Waren zu vermeiden. Ein Indiz für diese Verkaufs- und Markentaktik ist z.B. ein misslungener Einkaufsversuch auf einer außereuropäischen Webseite als deutscher Kunde. Sofern dort eine Exportmöglichkeit verneint wird, sollte man hellhörig werden.
Hier gibt es auch einen aktuellen wissenschaftlichen Beitrag zu Abmahnungen: http://www.humboldt-forum-recht.de/deutsch/10-2009/index.html