Nach den Entscheidungen „weltonline.de“ und „afilias.de“ hat der BGH nunmehr in Sachen „ahd.de“ seine Linie durchgezogen, dem Löschungs- bzw. Freigabebegehren der Kläger bzgl. der streitbefangenen Domain nicht stattzugeben (Pressemitteilung des BGH).
Der Vorsitzende des 1. Zivilsenats hatte in der mündlichen Verhandlung am 19.02.2009 noch darüber nachgedacht, dem professionellen Domaingrabbing eventuell dadurch Einhalt gebieten zu können, die massenweise und systematische Registrierung von unterscheidungskräftigen, kennzeichnenden Domainnamen (wie z.B. dem Akronym „ahd“) im Gegensatz zur entsprechenden Massenregistrierung von generischen, glatt beschreibenden Namen als rechtsmissbräuchlich einzustufen. Damit würden abertausenden Firmen ein kostspieliger Ankauf von .de-Domainadressen bei den vielen Domain-Grabbern der Szene erspart bleiben.
Dieses Grundsatzurteil schafft jetzt jedoch Rechtssicherheit für diesen neu entstandenen Wirtschaftszweig, den Domainsekundärmarkt.
Die Domaingrabber müssen nunmehr nur noch beachten, die entsprechende Domain nicht im geschäftlichen Verkehr (z.B. ein Domain-Parking) einzusetzen, da hierdurch eine Kennzeichen- oder Markenverletzung auch mit prioritätsjüngeren Rechteinhabern entstehen könnte. Selbst bei Herbeiführung einer solchen Konfliktlage droht dem Grabber bei nicht bekannten oder berühmten Marken aber nur die kostenpflichtige Abmahngefahr, jedoch nicht die Gefahr über den sogenannten wettbewerbsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch die Domain aufgeben zu müssen. Während das LG und das OLG Hamburg seinerzeit noch klar einen Löschungsanspruch der Klägerin bejahten, nicht zuletzt weil die Beklagten der Klägerin die Domain für nicht unter 10.000,- DM zum Kauf angeboten hatten und danach ihr Verhalten dadurch intensivierten, dass von einem Baustellenschild auf ein mit der Klägerin branchengleiches Internetangebot umgestellt wurde, sah der 1. BGH-Senat trotz eindringlicher Stellungnahme des Autors im mündlichen Termin keine Veranlassung, wenigstens im speziellen einem wettbewerbsrechtlichen Löschungsanspruch stattzugeben. Damit dürften die Anforderungen für einen Rechtsmissbrauch in der jüngst erfolgten Entscheidung „afilias.de“ bei prioritätsälteren Domains astronomisch hoch gelegt worden sein.
Damit ist Folgendes zukünftig klargestellt:
Auch wenn bloße Domainregistrierungen keinerlei Kennzeichenrechte entfachen, so ist die Domain keinem Löschungsbegehren unterlegen, sofern die geltend gemachten Marken- oder Kennzeichenrechte nicht bereits vor der Domainregistrierung vorhanden waren. Bei prioritätsälteren Marken- und Kennzeichenrechten dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit gerade bei einem Verkaufsversuch die Ausnahme der Entscheidung „afilias.de“ greifen. [BGH a.a.O. …Anders verhält es sich allerdings, wenn es dem Domaininhaber wegen Rechtsmissbrauchs versagt ist, sich auf seine Rechte aus der Registrierung des Domainnamens zu berufen. So verhält es sich insbesondere dann, wenn der Domaininhaber den Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht registrieren ließ, sich diesen von dem Inhaber eines entsprechenden Kennzeichen- oder Namensrechts abkaufen zu lassen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997 – I ZR 95/95, GRUR 1998, 412, 414 = WRP 1998, 373 – Analgin; Urt. v. 19.2.1998 – I ZR 138/95, GRUR 1998, 1034, 1036 f. = WRP 1998, 978 – Makalu; Urt. v. 23.11.2000 – I ZR 93/98, GRUR 2001, 242, 244 = WRP 2001, 160 – Classe E; Beschl. v. 30.10.2003 – I ZB 9/01, GRUR 2004, 510, 511 = WRP 2004, 766 – S100; OLG Hamm MMR 2005, 377, 382 f.)].
Ein Kollege (Verfahrensbeteiligter!) mault über den BGH in Sachen ahd.de. Urteilsschelte, die keiner Reaktion bedarf: http://is.gd/nPHi
Man sollte daher vor dem Erwerb einer Domain einen internationalen Markencheck durchführen, den es auch kostenlos gibt. Gibt es bereits eine Marke mit dem Namen der gewünschten Domain, sollte man vom Kauf dieser Domain Abstand nehmen!