In einer zweiten Folge unserer Serie „Aus der Praxis“ möchten wir wieder unserem Existenzgründer das Wort erteilen. Denn wer kann angehenden Unternehmern besser aus dem Gestrüpp der Markenanmeldungspraxis berichten als einer aus den eigenen Reihen? Darum stellen wir auch heute wieder unseren Fachjargon zurück – zugunsten der Reflexionen eines Mandanten:
„Logos, Firmen- und Produktnamen sind meiner Erfahrung nach für Unternehmer sehr wichtig. Denn diese werden nach und nach vom Kunden mit Werten und Alleinstellungsmerkmalen aufgeladen, die unser Unternehmen repräsentieren. Ein Beispiel: Der Audi-Slogan „Vorsprung durch Technik“ lädt die Marke „Audi“ und dessen Produkte mit dem Attribut „Technische Überlegenheit“ auf. Der Kunde oder Rezipient von Werbedarstellungen verbindet nun die Marke „Audi“ mit „Technik“, während er die Marke „Mercedes“ zum Beispiel eher mit „Komfort“ korreliert. Dieser Prozess der Aufladung mit Inhalten kostet Zeit und Geld. Dann aber wird aus einem Namen mehr als das – er wird zu einem aussagekräftigen Aushängeschild des Unternehmens. Und das ist irgendwann unbezahlbar. Im Umkehrschluss bedeutet das: der Verlust des Namens beziehungsweise Logos wäre katastrophal, denn kein neuer Name kann diese gewachsene Assoziationsbreite und Kundennähe ersetzen. Darum kann ich nur jedem Unternehmer raten, seine Namen und Logos frühzeitig schützen zu lassen. Und das ist nicht der einzige Grund. Auch aus finanzieller Hinsicht macht das „Namen schützen“ tatsächlich Sinn.
Natürlich kostet uns der Namensschutz im ersten Moment mehr Geld als es uns einbringt. Doch gerade Existenzgründer sollten hier nicht am falschen Ende sparen. Denn lassen Sie uns einmal die Szenarien ausmalen, die das Versäumnis eines Markenschutzes nach sich ziehen könnten:
1. Lässt sich ein anderer Ihren Namen oder Ihr Logo als Marke schützen, haben Sie dagegen keine Chance. Sie dürfen den Namen / das Logo nicht mehr benutzen, müssen sich einen neuen Namen suchen und vor allem sämtliches Werbe- und Repräsentationsmaterial ein zweites Mal finanzieren. Was das kostet, wissen Sie selbst.
2. Wenn ein Konkurrent, den gleichen Namen / das gleiche Logo benutzt, können Sie ihm das nicht verbieten, wenn Sie keine Marke angemeldet haben. Das heißt, sie verlieren Kunden und Alleinstellungsmerkmale an die Konkurrenz.
3. Sollten Sie (auch wenn dies aus Unwissenheit geschieht) das Markenrecht einer anderen Partei verletzen und dieser Konflikt wird vor Gericht ausgetragen, kommen zu den oben bereits genannten Konsequenzen eventuell auch noch Lizenzgebühren und/oder Schadenersatz auf Sie zu.
Kurz: was auch immer geschieht, die Folgen können so weitreichend sein, dass sich ein junges Unternehmen kaum je wird davon erholen können. Um eine Markenanmeldung kommt man also nicht herum. Sie sollte einer der klassischen Punkte auf der To-do-Liste eines Start-up-Unternehmens sein. Darum entschloss auch mich, diesen in Angriff zu nehmen. Und ich stellte fest: schnell und einfach ist so eine Markenanmeldung nicht.
An erster Stelle sämtlicher Aktionen auf dem Weg zur angemeldeten Marke stand die Markenrecherche. Schließlich hatte ich ja gelesen, dass das Deutsche Patent- und Markenamt nicht die Existenz bereits vorhandener Marken überprüft, die einer Registrierung im Wege stehen könnten. (Was nicht davor schützt, belangt zu werden, sollte es die vorschwebende Marke bereits geben.) Wie bereits in Folge 1 erwähnt, bemühte ich zuerst ein im Internet frei zugängliches Recherche-Tool. Das Ergebnis war super: keine Konkurrenz-Marke vorhanden. Beschwingt beauftragte ich die Markenrechts-Kanzlei meines Vertrauens mit einer professionellen Identitäts- und Ähnlichkeits-Recherche. In der folgenden Woche erhielt ich von den Anwälten ein PDF mit den Marken, die der meinen ähnlich waren. Es gab also doch Konkurrenz-Marken. Das war schon einmal ernüchternd. Schockierend war hingegen, dass dieses PDF über 100 Seiten lang war. Damit hatte ich nicht gerechnet, schließlich denkt man ja als Person, die mit Marken nicht sonderlich vertraut ist, dass die eigene Idee relativ einzigartig sei. Ich musste feststellen, dass dem nicht so ist.
Und im weiteren Prozess der Namensfindung und Eigenrecherche kam ich sogar zu dem Schluss, dass alles Erdachte offensichtlich auch schon diversen anderen Gehirnen entsprungen ist. Das heißt, nach den Kriterien der Markenkompatibilität einen Namen oder ein Logo zu finden, erschwert die Sache erheblich. Ich entschied mich aus diesem Grund dann doch, es mit der 100-seitigen Konkurrenz zu versuchen – ich hatte einfach keine Lust, diesen Prozess noch einmal durchzukauen.
Meine Anwälte suchten dann mit Ihrem Wissen um risikoreiche Ähnlichkeit und weniger risikobehaftete Ähnlichkeit die Marken heraus, die der meinen gefährlich werden könnten und rieten mir, mit den Markenbesitzern in Kontakt zu treten. Eine schriftliche Einverständniserklärung der betreffenden Markenrechtsinhaber könne mich davor bewahren, den ganzen Namensfindungsprozess von vorn zu beginnen.
Da mir alles lieber war als weiter mein Gehirn nach Namen auszuquetschen, die es ohnehin schon gab, entschied ich mich für den „direkten Kontakt mit dem Feind“. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, auch nur eine einzige dieser Erklärungen unterschrieben zurück zu bekommen, aber einen Versuch war es allemal wert. Außerdem saß mir die Zeit im Nacken, denn dieses leidige Namensproblem drohte immer mehr meinen Zeitplan zu sprengen. Also überlegte ich mir diverse Strategien, wie ich die Inhaber davon überzeugen könnte, mir entgegen zu kommen – nur um am Ende doch bei der Wahrheit zu landen. Ich telefonierte die Personen ab – und erreichte erst einmal niemanden. Der eine im Urlaub, der nächste erst wieder in ein paar Tagen im Unternehmen, der dritte krank. Doch ich ließ nicht locker und versuchte es immer wieder. Nachdem ich dann doch einen nach dem anderen erreichte, stellte ich plötzlich erstaunt fest: das sind ja ganz normale Menschen so wie ich. Keine menschenfressenden Unternehmensbosse, die sich mit spitzen Ellenbogen durch die freie Marktwirtschaft nach oben graben. Eine der Personen war das Thema Markenrecht sogar ziemlich fremd. Eine weitere war selbst schon verklagt worden und brachte so großes Verständnis für meine Lage auf. Kurz und gut, man mag es kaum glauben, nach zwei Wochen hatte ich alle Unterschriften zusammen.
Ich weiß nicht, ob mein Beispiel repräsentativ ist, denn ich habe auch mit Geschäftsfreunden gesprochen, bei denen das gleiche Vorgehen keinerlei Erfolge verzeichnet hatte. Aber eines zeigt es jedenfalls: Einen Versuch ist es wert.
Fortsetzung folgt.
Bildquelle: "inbox" by kevin rawlings, cc by 2.0