Das anwaltliche Abschlussschreiben ist in der Regel ein Instrument, das nach Erlass und Zustellung einer einstweiligen Verfügung eingesetzt wird und sehr häufig im Marken- und Wettbewerbsrecht zum Zuge kommt. Das Abschlussschreiben hat formaljuristisch gesehen die Aufgabe, die endgültige Erledigung eines Rechtsstreits im einstweiligen Verfügungsverfahren herbeizuführen.
Der Gläubiger fordert dabei natürlich in der Regel durch seinen Anwalt den Schuldner auf, die erlassene und zugestellte einstweilige Verfügung als rechtsverbindlich anzuerkennen und so ein noch teures Hauptsacheverfahren vor Gericht zu vermeiden, das zwingend notwendig würde, da die einstweilige Verfügung keine dauerhafte Bestandszeit hat, weil der Unterlassungsanspruch einer Verjährung unterliegt. So ist im Wettbewerbsrecht schon so manche einstweilige Verfügung wieder aufgehoben worden, weil der Gläubiger nicht rechtzeitig binnen der 6 Monatsfrist (siehe § 11 UWG) Hauptsacheklage erhoben hat, was von Junganwälten gerne mal vergessen wird.
Für ein solches anwaltliches Abschlussschreiben fallen weitere Kosten an. Der BGH hat in gefestigter Rechtsprechung (BGH-VI ZR 176/07 oder BGH- GZ IX 10/08) ausgeurteilt, dass die von ihm sogenannte Abschlussabmahnung dem darin angedrohten Hauptsacheverfahren zuzuordnen sei und einen neuen Gebührentatbestand schaffe. Daher sei die Geschäftsgebühr nach Nr.2300 VV RVG zweimal entstanden. In den gelaufenen Verfahren wurde insoweit eine zweite, zusätzliche Geschäftsgebühr in Höhe einer 0,8-Gebühr als angemessen angesehen. Mittlerweile sehen viele Landgerichte zumindest in Kennzeichenstreitsachen auch eine 1,0-Gebühr als angemessen an – z.B. Hamburg und München. Sofern der Schuldner die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkennen möchte, empfiehlt die Logik daher dem Gläubiger zuvorzukommen und rechtzeitig eine Erklärung abzugeben, um so vermeidbare Kosten einzusparen. Hier liegt auch für den Anwalt eine Haftungsfalle gegenüber seinem Mandanten. Klärt er diesen nicht über die Möglichkeit der Abgabe einer Abschlusserklärung vor der Aufforderung durch den Gläubiger auf, dürfte er sein eigenes Portemonnaie für die zusätzlich entstandene Geschäftsgebühr des gegnerischen Kollegen bemühen oder bei seiner Haftpflicht vorsprechen müssen. Will der Schuldner gegen die einstweilige Verfügung vorgehen, sollte er also rechtzeitig selbst Widerspruch einlegen oder seinerseits den Gegner auffordern, in die Hauptsache zu gehen.
Stellt sich die Frage, welche Überlegefrist die Rechtsprechung dem Schuldner zugesteht? Bevor der Gläubiger durch seinen Anwalt ein Abschlussschreiben verschicken lässt, muss er eine gewisse Wartefrist einhalten, da er – der Gläubiger – im Zweifel auf der für seinen Anwalt angefallenen Zweitabmahngeschäftsgebühr sitzen bleibt, wenn er zu früh auffordert. Auch hierüber sollte der Anwalt seinen Mandanten aufklären. Diese Kosten für ein Abschlussschreiben – wenn es denn dann nach Aufforderung abgegeben wird, was häufig geschieht – klagt man dann in der Regel (so bei Wettbewerbs- und Kennzeichenstreitsachen wegen der Spezialzuständigkeit) mit den entstandenen ursprünglichen Abmahnkosten beim selben Gericht ein, dass die einstweilige Verfügung erlassen hat – streitwertunabhängig.
Unter den Gerichten ist jedoch hinsichtlich der Kostenerstattungspflicht umstritten, ob ein zwei-, drei- oder vierwöchiger Zeitraum abzuwarten ist bevor man ein Abschlussschreiben versendet. Jedenfalls hat der BGH in dem konkreten Rechtsstreit (BGH-VI ZR 176/07) eine 3-Wochenfrist ausreichen lassen.
Das entscheidungsfreudige Kammergericht (Urteil vom 03.08.2012 – Az. 5 U 169/11) hat in einer jüngsten Entscheidung wohl richtig festgestellt, dass die Wartefrist für ein Abschlussschreiben keine starre Frist ist, sondern es – wie immer – auf die Umstände des Einzelfalls ankomme. In dem konkreten Fall wurde jedenfalls eine lediglich 2-wöchige Wartefrist als zu kurz beurteilt.
In der Praxis sollte man, um ganz sicher zu gehen, wohl 4 Wochen abwarten bevor man ein Abschlussschreiben auf den Weg bringt.