Fremde Marken im Anzeigentext einer Google AdWords-Kampagne = Markenverletzung

Die Verwendung eines geschützten Markenzeichens im Rahmen einer Google AdWords-Anzeige ist rechtswidrig, wenn neben den Suchergebnissen im Anzeigentext selbst der Markenname erscheint (OLG Düsseldorf, Beschl. vom 21.12.2010, Az.: I-20 W 136/10).

In der Sache ging es um die Schweizer Firma Hapimag. Hapimag betreibt vorzugsweise in Europa eigene Ferienresidenzen im Timesharing-Verfahren. Aktionäre dieser Firma haben über gesammelte Jahrespunkte das Recht, in diesen Residenzen ihren Urlaub zu genießen. Aktionär der Gesellschaft kann man durch direkten Aktienkauf bei Hapimag werden oder die Aktien auf einem Sekundärmarkt erwerben. Durch den Verkauf einer Aktie auf dem Sekundärmarkt fließen Hapimag jedoch keine direkten Einnahmen aus dem Aktienkaufvertrag zu, so dass der Zweitmarkt dort wohl eher ungern gesehen wird. Der Antragsgegner ist als Vermittler auf diesem Zweitmarkt tätig und hatte eine Google AdWords-Kampagne folgenden Inhalts geschaltet:

Anzeigen
Hapimag Aktien und Punkte
aus zweiter Hand –
preiswert, schnell und sicher
www.—–.de

Hapimag ging hiergegen trotz oder gerade wegen der Bananabay-Entscheidung des EuGH im einstweiligen Verfügungsverfahren vor und verlor vorm LG Düsseldorf. Aufgrund der sofortigen Beschwerde landete die Sache beim OLG Düsseldorf, das als eines der ersten deutschen Oberlandesgerichte die Bananabay-Entscheidung am Einzelfall auslegen durfte.

Der Düsseldorfer Senat hob die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf auf und erlies die beantragte einstweilige Verfügung. Es führte hierzu wie folgt aus:

[…]

Die sofortige Beschwerde der Antragsstellerin ist zulässig und begründet.

Soweit die Antragsstellerin die laufende Werbung der Antragsgegnerin im Rahmen der Suchmaschine Google angreift, steht ihr sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund zu. Hinsichtlich der Werbung vor der in dieser Sache erfolgten Abmahnung ist dies ebenfalls der Fall. An der im Hinweisbeschluss vom15.11.2010 geäußerten Auffassung anderweitigen Auffassung hält der Senat nach erneuter Prüfung nicht mehr fest. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht fest, dass die Verwendung eines mit der Marke identischen Zeichens als AdWord für die Bewerbung identischer Dienstleistungen eine Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr darstellt (EuGH GRUR 2010, 445, Google und Google France, Rn. 50 ff., EuGH GRUR 2010, 451, Bergspechte, Rn. 18 f.).

Auch in diesen Fällen gibt das Markenrecht jedoch nur dann dem Markeninhaber einen Unterlassungsanspruch, wenn die Benutzung geeignet ist, die geschützten Funktionen der Marke zu beeinträchtigen (EuGH GRUR 2010, 445, Google und Google France, Rn. 78 f., EuGH GRUR 2010, 451, Bergspechte, Rn. 29 f.).

Der Europäische Gerichtshof hat in den beiden genannten Entscheidungen ferner entschieden, dass für die Beurteilung einer Werbung mit AdWords zu prüfen ist, ob die Werbefunktion oder die Hauptfunktion der Marke, nämlich die Herkunftsfunktion, beeinträchtigt werden. Eine Verletzung der Werbefunktion soll bei der Verwendung einer Marke als AdWord danach nicht vorliegen, weil die AdWord-Werbung als Werbung zu erkennen ist und das natürliche Suchergebnis nicht beeinflusst und deshalb die Sichtbarkeit der Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers nicht beeinträchtigt wird (EuGH GRUR 2010, 445, Google und Google France, Rn. 95-98; EuGH GRUR 2010, 451, Bergspechte, Rn. 33).

Ein Verbietungsrecht besteht danach nur dann, wenn durch die beanstandete Verwendung die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt wird. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke ist beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen ( EuGH GRUR 2010, 445, Google und Google France, Rn. 84; EuGH GRUR 2010, 451, Bergspechte, Rn. 35). Hierzu hat der Gerichtshof auch klargestellt, dass auf eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion zu schließen ist, wenn die Anzeige des Driften suggeriert, dass zwischen diesem Dritten und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht. Auch wenn die Anzeige das Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung zwar nicht suggeriert, aber hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf Grund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder vielmehr mit diesem wirtschaftlich verbunden ist, ist auf eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion zu schließen (EuGH GRUR 2010, 445, Google und Google France, Rn. 89; EuGH GRUR 2010, 451, Bergspechte, Rn. 36).

Gemessen an diesen Kriterien kann hinsichtlich beider Anzeigen ein Verfügungsanspruch nicht verneint werden: Zwar ist der Kammer darin zuzustimmen, dass der durchschnittliche Internetnutzer weiß, dass es sich bei den in der Anzeigenleiste eingeblendeten Anzeigen um bezahlte Werbung und nicht um generische Suchergebnisse handelt. Er wird daher nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Anzeigen nur vom Zeicheninhaber stammen. Nach der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes reicht dies jedoch nicht aus, um eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion der Marke und damit eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Vielmehr muss der Internetnutzer auf Grund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft erkennen, dass der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter ist. Das ist hier nicht der Fall. Aus dem Link kann ein fehlender Zusammenhang nicht geschlossen werden. Die URL […] verweist auf ein in der Vergangenheit von der Antragstellerin angebotenes Beteiligungsmodell, nämlich die sog. A-Aktien. Dass die Bezeichnung nicht auf eine Webseite der Antragstellerin verweist, ist ihr nicht zu entnehmen. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin und des Landgerichts ist auch der Hinweis auf die Möglichkeit eines Erwerbs aus zweiter Hand nicht hinreichend deutlich. Zum einen kommt es vor, dass Anbieter anderer Markenwaren auch mit Waren aus zweiter Hand handeln. So kann man zum Beispiel bei den meisten Kraftfahrzeugherstellern auch in deren Niederlassungen Gebrauchtfahrzeuge – also solche aus zweiter Hand – erwerben. Zum anderen kann der durchschnittlich informierte und situationsadäquat aufmerksame Internetnutzer nicht erkennen, dass der Werbende mit der Antragstellerin nicht wenigstens wirtschaftlich verbunden ist. Bei der ursprünglichen Werbung wird dies durch die hervorgehobene Verwendung des geschützten Kennzeichens noch verstärkt. Zwar ist der Antragsgegnerin zuzubilligen, dass sie zur Beschreibung ihrer Dienstleistungen auf die Verwendung des Begriffs Hapimag-Aktie angewiesen ist. Sie muss diese Verwendung aber so gestalten, dass eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion ausgeschlossen ist, was jedenfalls bei den beiden angegriffenen Gestaltungen nicht der Fall ist. Da die Werbung andauert, ist von einem Verfügungsgrund auszugehen, denn der Zeicheninhaber ist in der Regel nicht gehalten, eine Markenverletzung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache hinzunehmen. Jedenfalls aber kann die Antragstellerin ihren Anspruch auch auf § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 2 UWG stützen, so dass ihr insoweit die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG zu Gute kommt, die die Antragsgegnerin nicht widerlegt hat. Der Senat hat bei der Fassung des Tenors durch Einblendung der gesamten Suchergebnisseite berücksichtigt, dass die Frage der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion auch vom Anzeigenkontext abhängt, d.h. davon, ob die Anzeige in der rechten Werbespalte erscheint oder aber zum Beispiel in dem hervorgehobenen Bereich oberhalb der generischen Suchergebnisse. Einer Zurückweisung des weitergehenden Antrags bedurfte es nicht, weil nur die angegriffene Gestaltung Gegenstand des Verfahrens war und daher nur eine Präzisierung des Verbots erfolgt ist.

Keiner Entscheidung bedarf es, ob die von der Antragsgegnerin nunmehr vorgetragene Änderung ihrer Anzeigen reicht, eine Rechtsverletzung zu vermeiden, denn diese neuen Anzeigen sind nicht Gegenstand des Verfahrens.

[…]

Das OLG Düsseldorf hat mit diesem Urteil Neuland beschritten und vertritt nach Meinung des Autors die richtige Rechtsauffassung. Bemerkenswert ist dabei, dass es gerade das OLG Düsseldorf in erbitterter Gegnerschaft zur Rechtsprechung des LG/OLG Braunschweig war, das stets eine Markenverletzung durch hinterlegte Google AdWords ablehnte, auch wenn es sich um eingetragene Wortmarken handelte. Durch unterschiedliche Instanzenrechtsprechung landete die Rechtsproblematik beim BGH, der sie seinerseits dem EuGH vorlegte.

Nunmehr darf das OLG Düsseldorf süffisanter Weise Vorreiter in der restriktiver Auslegung des EuGH-Bananbay-Urteils spielen.

Update (17.02.2011, 16:30):
Der Kollege RA Terhaag weist darauf hin, dass die weitere Werbung ebenfalls per einstweiliger Verfügung wegen Irreführung verboten wurde:

Anzeigen
Hapimag Aktien und Punkte
aus 2.Hand von der XXXX GmbH
preiswert, schnell und sicher
www.—–.de

Oktoberfest – Abmahnfalle

Jeder kennt es: das Oktoberfest.

Achtung! Hier Neuigkeiten zur Marke Oktoberfest: Stand August 2016

Die Marke Oktoberfest ist weltweit bekannt und nach Meinung des Deutschen Patent- und Markenamtes seit einigen Jahren eine nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als Wort freihaltebedürftige, rein beschreibende Angabe. Unzählige wegen Schutzunfähigkeit abgelehnte Wortmarkenanmeldung zeugen von der Rechtsauffassung des DPMA.

Der ahnungslose Betrachter kommt nun schnell auf die Idee, dass er also problemlos das Zeichen Oktoberfest für seine Waren und Dienstleistungen okkupieren darf. Das dürfte oft ein teurer Schnellschuss sein.

Übersehen wird nämlich häufig, dass das Markenrecht eine Momentaufnahme darstellt und sich die Eintragungspraxis der Markenämter stetig ändert. Ist das DPMA heutzutage sehr restriktiv bei Beurteilung der Unterscheidungskraft eingestellt, so war es noch vor 10 Jahren in der Hochzeit des Neuen Marktes quasi wie ein Profitcenter unterwegs. Es wurden Dinge eingetragen, bei denen die heutigen Prüfer nur ungläubig den Kopf schütteln würden.

Die Crux: die damals eingetragenen und zwischenzeitlich verlängerten Marken haben zunächst Bestandskraft. Wer einmal ein Amtsverfahren zur Löschung einer Marke wegen Eintragung trotz absoluter Schutzhindernisse verfolgt hat, wird wissen, wie schwer und zeitaufwändig sich so ein Verfahren gestalten kann. Zudem besteht noch die Möglichkeit, eine Markenanmeldung über den Weg einer EU-Marke zu verfolgen. Nicht selten passiert es, dass vom DPMA verschmähte Markenanmelder ihre Markenanmeldung zurückziehen und ihr Glück über das HABM in Alicante – letztlich und überraschender Weise erfolgreich – verfolgen. Am Ende steht dann eine eingetragene Gemeinschaftsmarke (EU-Marke), die in Deutschland beim DPMA nicht eingetragen worden wäre zum Kampf bereit. Eine EU-Marke wegen Eintragung trotz absoluter Schutzhindernisse wieder löschen zu lassen, ist dann ein wirklich großer Spaß.

Folglich ist es zunächst notwendig, eine Markenrecherche auch bei scheinbar problemlosen, anscheinend offensichtlich freihaltebedürftigen Angaben durchführen zu lassen.

Bei der Marke Oktoberfest findet man z.B. folgende eingetragene Wortmarken:
Weiterlesen „Oktoberfest – Abmahnfalle“

Google AdWords – Brechen jetzt alle Markendämme?

Google teilt heute mit, dass zum 14.September 2010 eine neue Richtlinie für die Buchung von Keywords in Kraft gesetzt wird.

Der Suchmaschinenriese Google setzt zum 14. September eine neue Richtlinie für die Buchung von Keywords in Kraft. Im Kern wird sie die Verwendung von Markennamen erlauben, auch wenn der Werbungtreibende nicht Inhaber der Marke ist.
Quelle: W&V

Demnach erlaubt Google jetzt wieder bei seiner AdWords-Werbung das Einsetzen fremder Marken als AdWord.

Der EuGH hatte in den Louis Vuitton und Eurochallenges-Entscheidungen Google von der Haftung für derartige Markenrechtsverstöße freigesprochen.

Nunmehr führt Google für sich einen Befreiungsschlag durch – anscheinend um Entlastung im eigenen Beschwerdemanagement für den Missbrauch von fremden Marken herzustellen.

Für Googles Werbekunden ist das aber kein Freibrief. In der Bananabay-Entscheidung des EuGH hat dieser viel mehr dargelegt, dass Werbung mit fremden Marken über Google AdWords-Kampagnen sehr wohl eine Markenrechtsverletzung darstellt, wenn z.B. der Konsument hinsichtlich der Markenherkunft verwirrt wird.

Google legt dies anscheinend dahingehend aus, dass AdWords erlaubt buchbar sind, diese Markennamen aber nicht als Werbetext in der Kampagne auftauchen dürfen.

Hoffentlich wissen die Google-Werbekunden das auch, die nämlich im Gegensatz zu Google für solche Verstöße in der Regel haften. Es scheint so, dass zukünftig viele ins offene Messer laufen werden.

EuGH: Bananabay – Markenrechtsverletzung durch Google AdWords

In seiner neuesten Entscheidung über Google AdWords (EuGH, Beschl. v. 26.03.2010 – Az. C-91/09 – Bananabay) führt der EuGH seine Rechtsprechungspraxis (siehe EuGH, Urt. v. 23.03.2010 – C 236/08 bis C 238/08 – Louis Vuitton und Eurochallenges) strikt fort.

Zu entscheiden hatte er hier über folgende Frage:

Ob die Verwendung einer fremden Markenbezeichnung als Keyword bei Google AdWords zu dem Zweck, dass die eigene Werbung bei einer Suche nach der fremden Marke in der von den Suchergebnissen abgetrennten Anzeigenspalte erscheint, eine markenmäßige Benutzung darstellt.

Der EuGH meint hierzu, dass die Nutzung einer fremden Marke als Keyword dann eine Markenverletzung sei, wenn dem Betrachter nicht klar wird, dass die angebotenen Dienstleistungen nicht vom Markeninhaber, sondern von einem Dritten stammen.

Inhaltlich deckungsgleich hatte der EuGH schon in Sachen Louis Vuitton und Eurochallenges argumentiert.

Was helfen uns diese vorgenannten Entscheidungen nun? Zunächst einmal leider gar nichts. Die verschiedenartige Auslegung dieser Urteile und Beschlüsse des EuGH in den juristischen Fachkreisen zeigt leider, dass den praktizierenden Rechtsanwälten mit diesen Urteilen nicht gedient ist.

Die Frage, ob eine Google-AdWords Werbung hinreichend deutlich eine Verwechslung ausschließt, also für den Durchschnittsinternetnutzer erkennen lässt, ob die in der AdWords-Kampagne beworbenen Waren und Dienstleistungen vom Markeninhaber oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen, haben nunmehr die nationalen Instanzengerichte und letztlich wohl in einigen Jahren wieder der BGH zu entscheiden.

Ob schon eine markenfremde URL im AdWords-Werbebanner als Unterscheidungskriterium dafür ausreicht, bleibt folglich ebenso abzuwarten wie ein konkretes Urteil dazu, ab wann die Grenze einer deutlichen Abgrenzung unterschritten wird.

Geholfen hat der EuGH mit seinen Rechtseinschätzungen zunächst einmal nur dem Werbegeschäftsprinzip von Google.