Rechtslage bis 19. Februar 2009 / BGH / AHD
Während der Markenschutz bei einem Markenschutz / Domainschutz - Konflikt zwischen einer prioritätsälteren Marke gemäß §§ 4, 14 MarkenG oder der Namensschutz einer prioritätsälteren geschäftlichen Bezeichnung / Unternehmenskennzeichnung gemäß §§ 5, 15 MarkenG bzw. einem Namensrecht gem. § 12 BGB gegenüber einer nachfolgend angemeldeten Domain eindeutig zu Gunsten des prioritätsälteren Markenschutz - Recht oder Namensrechtsinhabers durchgreift (sofern der jeweilige Schutzbereich betroffen ist), stellt sich bei der Konstellation der Geltendmachung eines prioritätsjüngeren Schutzrechtes (Markenschutz oder Namensschutz) der oben genannten Arten gegen eine älteren Domain immer noch die Frage, wer denn nun die besseren Rechte hat.
In geschäftlicher Hinsicht ist im wesentlichen zwischen zwei Hauptfallgruppen zu unterscheiden:
- Die ältere Domain wurde nur registriert, aber nie konnektiert: Aufgrund der Nichtnutzung der Domain kann in der Regel kein Markenschutz oder Namensschutz (z.B. als geschäftliche Bezeichnung) erworben werden. In diesen Fällen hat die Rechtssprechung leider bisher keine einheitliche Linie entwickelt. In der Vergangenheit wurde insbesondere Domainhändlern und denen, die es werden wollten, Sittenwidrigkeit unterstellt (Entscheidungen wie literaturen.de). Die Domains mussten schließlich an den prioritätsjüngeren Rechteinhaber herausgegeben oder zumindest freigegeben werden. Offensichtlich inspiriert durch die UDRP-Rechtssprechung einiger Panels der WIPO (World Intellectual Property Organisation in Genf) , die in solchen Fällen zunächst den Nachweis der bösen Absicht des Domainregistrars durch den Kläger verlangten, entschied das Landgericht Düsseldorf im Februar 2003 (rechtskräftig) in der Entscheidung bigben.de konträr. Es stellte im wesentlichen fest, dass die Nichtbenutzung einer Domain regelmäßig kein durch Markenschutz - Recht bewertbares Fehlverhalten darstelle. Wenn und soweit unter einer Domain keine Produkte angeboten werden, die einen Kollisionsfall um Markenschutz - Rechte begründen, sei jede andere Benutzung zulässig, soweit nicht andere Rechtsvorschriften entgegenstehen. Der Inhaber eines Markenschutz - Rechts im weitem Sinne kann grundsätzlich nicht gegen den Bestand einer Domain als solche, die vor Entstehung des Markenschutz - Rechts registriert worden sei vorgehen, da bei der Registrierung der Domain als solche im Zeitpunkt der Registrierung keine Beeinträchtigung des Markenschutz - Rechts festgestellt werden konnte. Ob die Kammer auch bei einem originären Kennzeichen so entscheiden würde, bleibt offen.
- Die ältere Domain wurde/wird bereits vor dem Entstehen der geltend gemachten jüngeren Schutzrechte (Markenschutz / Namensschutz) geschäftlich genutzt:
Die Situation ist eindeutig. Sofern der Inhaber der älteren Domain bessere Namensrechte der eingangs genannten Art geltend machen kann, obsiegt er gegen die prioritätsjüngeren Rechte (siehe z.B. Entscheidung warez.de). Festzuhalten ist dabei, dass Unternehmenskennzeichen / geschäftliche Bezeichnungen gem. § 5 MarkenG nur durch tatsächliche Handlungen entstehen. Sie unterscheiden sich damit insbesondere vom Registerrecht der eingetragenen Marken gem. § 4 Abs. 1 MarkenG. Obwohl sie Verwandtschaft mit den durch Benutzung erworbenen Marken gem. § 4 Abs. 2 MarkenG aufweisen, besteht ein gravierender Unterschied: Markenschutz kraft Benutzung kann nur durch Verkehrsgeltung erworben werden. Der Schutz des Unternehmenskennzeichens bzw. des Namens gem. § 12 BGB entsteht bei originärer Kennzeichnungskraft mit Benutzungsaufnahme, z.B. durch Ingebrauchnahme eines geschäftlichen Angebotes via Internet. Sofern dieses Angebot auf bundesweite Kunden abzielt oder dies geplant ist, erstreckt sich der territoriale Schutz auf die ganze Bundesrepublik Deutschland. Der Inhaber der älteren Domain kann gegenüber einem prioritätsjüngeren Markeninhaber aufgrund seiner Rechte aus der Domain sogar Löschungsansprüche gem. § 12 MarkenG (bei Ansprüchen aus geschäftlicher Bezeichung) oder gem. § 13 MarkenG (bei Ansprüchen aus Namensrecht) geltend machen.
Sofern die Domain keine originäre Kennzeichungskraft besitzt, können Ansprüche nur kraft Verkehrsgeltung entstehen.
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass Inhabern von Domains mit originärer Kennzeichnungskraft im Vorteil sind, sofern sie diese Domains mit Priorität geschäftlich zur Kennzeichnung ihres Geschäftsbetriebes nutzen. Sofern dies nicht der Fall ist, sollte zur Rechtssicherheit die Registrierung einer entsprechenden Marke betrieben werden. Zur Abrundung ihrer Rechte ist dies insbesondere auch den Betreibern online-basierter Geschäftsmodelle zu raten.